HomeManagementAssistance-Lösungen als Geschäftsmodell: „EVU müssen vom Versorger zum Umsorger werden“

Assistance-Lösungen als Geschäftsmodell: „EVU müssen vom Versorger zum Umsorger werden“

Mehrwerte: In Zeiten, in denen ehemalige Ertragsquellen erheblich unter Druck stehen, ist es uns ein Anliegen „Neue Einnahmequellen/Neue Geschäftsmodelle“ auf dem STADTWERKE MONITOR intensiv zu behandeln. Eine Studie, die in den letzten Wochen viel Aufmerksamkeit erregte, war jene bezüglich des Potentials von Assistance-Leistungen seitens EVU. Durchgeführt von YouGov und AXA Partners wurde hier die Rolle des EVU in Zeiten von Smart Home vertieft. Wir freuen uns daher, Ihnen nun das Interview mit Guido Dust (Verantwortlicher der Studie seitens AXA Partners) über die wesentlichen Studienergebnisse vorstellen zu können. Viel Spaß beim Lesen! 

STADTWERKE MONITOR: Herr Dust, zwecks Ihrer Funktion setzen Sie sich ja täglich mit Stadtwerken und sonstigen Versorgungsunternehmen auseinander und stehen im Austausch mit Entscheidungsträgern. Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen von Stadtwerken in Zeiten von Digitalisierung, Energiewende etc.?

Guido Dust: Die Energiebranche im Allgemeinen und Stadtwerke im Spezifischen stehen heute gleich vor mehreren großen Herausforderungen. Energiewende und Digitalisierung sind hier die entscheidenden Stichworte. In einer Zeit, in der Kunden jederzeit und überall auf eine Fülle an Informationen zugreifen und somit Angebote und Preise von Anbietern ständig vergleichen können, steigt der Wettbewerb zwischen Energieversorgern. Gerade das Preiskriterium ist für einen Großteil der Kunden ein wesentlicher Aspekt bei der Wahl eines Energieversorgers. Kurzlebige Kundenbindungen, sprich eine hohe Volatilität, sind das Resultat einer hohen Markttransparenz. Gleichzeitig führt die Energiewende zu gewaltigen Umbrüchen, nicht nur innerhalb der Energiebranche. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und eine steigende Konsumentennachfrage nach grünen Lösungen sind die Folge. Dazu kommt eine generelle Unsicherheit in Bezug auf politische Entscheidungen. All dies führt dazu, dass Stadtwerke sich nach neuen und flexiblen Geschäftsmodellen umsehen. AXA Partners hat diese Lücke frühzeitig erkannt und geht dieses Thema mit seinen Assistance-Lösungen für EVU gezielt an.

STADTWERKE MONITOR: Ging hieraus die Intention für die Studie hervor oder gab es einen anderen Grund? Welche Schwerpunkte waren Ihnen dabei wichtig?

Guido Dust: Durch unsere langjährige Erfahrung als Assisteur sind wir ja gewissermaßen darauf spezialisiert, branchenspezifische Herausforderungen zu erkennen – und das lange, bevor sie den tagesaktuellen Diskurs bestimmen. Durch unsere Studie wollten wir weitere Erkenntnisse über aktuelle Trends in der Energiebranche gewinnen und diese so nah wie möglich am Kunden durchführen. Uns war wichtig, durch die Studie noch besser zu verstehen, was Kunden von Energieversorgern in Zeiten von Instabilität und stetem Wandel suchen. Nur indem wir die Bedürfnisse unserer Kunden und auch deren Kunden wirklich erfassen, kann unsere Lösung erfolgreich sein und einen Mehrwert generieren.

STADTWERKE MONITOR: Wie ist Ihre Sicht der Dinge bezogen auf das Thema „Smart Home“, welches viele Stadtwerke umtreibt, und inwieweit waren die Studienergebnisse hierzu spannend?

Guido Dust: Smart Home ist eines der Zukunftsthemen, die uns in den kommenden Jahren beschäftigen werden. Gerade weil dabei die unterschiedlichsten Geräte im Haushalt miteinander

verknüpft werden – d.h. Telefone, Heiz- oder Sicherheitssysteme, Entertainment-Geräte oder etwa elektronische Haushaltsgeräte – sind unzählige Branchen gleichermaßen in diesen Trend eingebunden. Smart Home wird also für eine Vielzahl unserer Kunden immer wichtiger und ist somit ein besonders spannendes Thema für AXA Partners. Interessant ist für uns zu sehen, dass insbesondere die jüngere Bevölkerung Smart Home-Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Mehr als die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen zeigen großes Interesse. Das bedeutet für uns und auch EVU wie Stadtwerke, dass das Thema Smart Home in der Zukunft großes Potenzial bietet und somit einen Wachstumsmarkt darstellt.

Auszug aus der Studie I: „Wie stehen Sie zu Produkten im Bereich „Connected Living“

STADTWERKE MONITOR: Kritisch betrachtet wird das Thema Smart Home nun seit Jahren durch den Markt getrieben. Schaut man jedoch in die Wohnungen der Menschen, so ist hier

bislang relativ wenig angekommen. Wird dem Thema vielleicht zu viel Bedeutung zugewiesen oder woran ist bislang der Durchbruch gescheitert?

Guido Dust: Ich denke, das Thema bietet ein enormes Potenzial, sowohl für Konsumenten, als auch für Anbieter. Die Bedeutung, die dem Trend beigemessen wird, halte ich also grundsätzlich für gerechtfertigt. Was in diesem Kontext zurzeit noch fehlt, ist ein erweitertes Verständnis darüber, was genau Kunden an Smart Home-Produkten schätzen, was sie konkret kritisieren und inwieweit man den Bedürfnissen und Anforderungen von Kundenseite noch besser entgegenkommen kann. Partnerschaften zwischen Smart Home-Anbietern und Assisteuren zur Vernetzung von Produkten und Services liegen geradezu auf der Hand. 

Unsere Studie zeigt, dass insbesondere die jüngere Bevölkerung Smart Home-Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen ist: Mehr als die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen zeigen großes Interesse. Mit dieser Gruppe wächst eine Generation heran, die Vernetzung in allen Lebensbereichen als besonders wichtig wahrnimmt und die mit ihrer Nachfrage den Markt in der Umsetzung künftig weiter antreiben werden. 

Auszug aus der Studie II: „Welche Bedenken haben Sie gegenüber Connected Living Produkten?“

STADTWERKE MONITOR: Welche Rolle könnten die EVU mittel- und langfristig im Bereich Smart Home spielen? Und warum?

Guido Dust: Energieversorgungsunternehmen können eine Schlüsselrolle darin einnehmen, Smart Home-Anwendungen in unseren Alltag zu integrieren. EVU stellen heute bereits die notwendige Infrastruktur für Smart Home-Anwendungen wie Strom, Gas oder Wasser. Indem sie künftig aktiv ihr Angebot erweitern und Kunden die Möglichkeit bieten, diese Smart Home-Technologien auch entsprechend zu warten, abzusichern und auszubauen – beispielsweise über Assistance-Leistungen – können sie sich als relevanter Technologietreiber etablieren. Aus Kundensicht werden sie somit vom Versorger zum Umsorger.

STADTWERKE MONITOR: Inwiefern sind hier kleine und mittelständische Stadtwerke besonders gefordert bzw. haben besondere Chancen?

Guido Dust: Die Stromversorgung und Auswahl des entsprechenden Anbieters spielt sich hier in Deutschland stark auf der lokalen Ebene ab. Deshalb sind kleine Stadtwerke natürlich genauso gefordert, wenn es darum geht, auf den Trend Smart Home zu reagieren, wie große Energieunternehmen. Je früher auch kleine und mittelständische Unternehmen diese Chance erkennen und hier einsteigen, desto wahrscheinlicher wird es, dass sie sich als Vorreiter positionieren und Wettbewerbsvorteile ausbauen können. Wie mit jedem Trend, können sogenannte „Early Adopters“ – egal welcher Größe – ganz besonders stark profitieren.

Auszug aus der Studie III: „Was sind in Bezug auf die Auswahl Ihres EVU für Strom bzw. Gas für Ihren Haushalt die wichtigsten Kriterien“

„Der wohl wesentliche Grund für die geringe Durchdringung von Smart Home-Applikationen bislang war die unzureichende Fokussierung auf den Kunden. Gerade Stadtwerke in der Position als vertrauensvoller Versorger sind prädestiniert, die Applikationen mit direktem Nutzen – wie mehr Sicherheit, geringere Energiekosten etc. – zu verknüpfen und so Smart Home in den Alltag der Nutzer zu integrieren.“ 

Guido Dust – Business Development Manager bei AXA Partners

STADTWERKE MONITOR: Sie fokussieren in der Axa Assistance natürlich „Assistance-Leistungen“, daher die Frage inwieweit waren die Studienergebnisse hierzu für Euch spannend bzw. hielten neue Erkenntnisse bereit?

Guido Dust: Dass Smart Home und ähnliche digitale Konzepte in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden, ist kein Geheimnis. Für uns war es allerdings wichtig zu verstehen, was Konsumenten heute noch davon abhält. Denn obwohl es bereits zahlreiche Smart Home-Anwendungen gibt, findet man sie derzeit nur in den wenigsten Haushalten. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass kritische Konsumenten vor allem Bedenken haben, wenn es um das Thema Sicherheit von Smart Home-Produkten geht. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir als AXA Partners Lösungen bieten müssen, die diesen Punkt aufgreifen und die Produkte sinnvoll beim Thema Sicherheit ergänzen. Bei letzterem denke ich etwa an einen Prozess, der automatisch initiiert wird, sobald eine Smart Home-Anlage einen Alarm auslöst. Hierbei ist elementar, dass dieser Prozess auch funktioniert, wenn der Kunde nicht selbst vor Ort ist, bzw. nicht selbst reagiert, um einen lücken- und reibungslosen Gesamtprozess zu gewährleisten, der den Kunden optimal unterstützt.

STADTWERKE MONITOR: Aber ist in Zeiten von Check24 und VERIVOX nicht der Preis das ausschlaggebende Argument und ist es den Stadtwerken bei den geringen Margen überhaupt möglich weitere Dienstleistungen anzubieten?

Guido Dust: Sicherlich ist der Preis ein wichtiger Faktor bei der Auswahl des eigenen Energieversorgers. Interessanterweise ist er aber nicht allein ausschlaggebend für die Wahl des Anbieters. Unsere Studie zeigt, dass Kunden darüber hinaus großen Wert auf Vertrauen und ein kompetentes Serviceangebot legen. Einen verlässlichen und in allen Fragen kompetenten Anbieter zu wählen, stellt für mehr als die Hälfte der Befragten ein wichtiges Auswahlkriterium dar. Auch hier gibt es außerdem wieder Unterschiede je nach Altersgruppe. Bei mehr als der Hälfte der jüngeren Menschen gelten vor allem erneuerbare Energien als Top-Kriterium bei der Auswahl. Smart Home-Produkte, die Kunden dabei helfen, Energie zu sparen und effizient zu nutzen, sind für diese Zielgruppe also sehr attraktiv. Man kann zusammenfassend sagen: Die Punkte Vertrauen und Service spielen neben dem Preis für Konsumenten eine entscheidende Rolle und lassen sich beide hervorragend mit Assistance-Lösungen adressieren.

Auszug aus der Studie IV: „Wie attraktiv finden Sie folgende Produkte/Services?“

STADTWERKE MONITOR: Abschließend die Frage, welche konkreten Tipps für 2019 würden Sie Entscheidern bei EVU geben und wie würde man hier klassischerweise vorgehen? Hat dies zwangsweise mit einem Dienstleister wie Ihrem Haus zu erfolgen oder kann ich hier als EVU auch autark das Thema treiben bzw. wann ist dies zu empfehlen?

Guido Dust: Entscheider bei EVU haben viele verschiedene Möglichkeiten, auf den Smart Home-Trend oder den Trend zum Angebot von Assistance-Lösungen zu reagieren. Wichtig ist vor allem, konstant zu verfolgen, was Konsumenten bewegt, welche Auswahlkriterien an Bedeutung gewinnen und inwieweit Angebote angepasst werden können, um eine veränderte Nachfrage zu bedienen. Je näher das Angebot am Kunden ausgerichtet ist, desto größer sind die Chancen, dass Kunden langfristig auf einen Anbieter setzen. Wie die Umsetzung erfolgt – mit einem externen Dienstleister oder autark – weiß jedes EVU am besten selbst. Letztendlich hängt die Antwort auch davon ab, wie viele Ressourcen Energieversorger in den Aufbau und die Entwicklung von Expertise im Bereich der Assistance stecken wollen. Etablierte Experten und Partner auf dem Gebiet stellen schon heute diese Infrastrukturen und die benötigte Expertise bereit, um schnell auf Trends reagieren und Angebote kurzfristig skalieren zu können. Gerne stehen wie Ihnen hier als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung.

Auszug aus der Studie V: „Wären Konsumenten bereit für Assistance-Leistungen mehr zu bezahlen?“

Vielen Dank für das Interview, Hr. Dust! Liebe Leser, wir werden in den kommenden Monaten weitere Artikel – u.a. Erfolgsbeispiele von Stadtwerken – zu diesem Themenfeld veröffentlichen. Besuchen Sie uns daher regelmäßig und abonnieren Sie den Stadtwerke Monitor um „uptodate“ zu bleiben.


Guido Dust Business Development Manager bei AXA Partners 

Seit 2018 ist Guido Dust Business Development Manager bei AXA Partners und dort maßgeblich für das B2B-Geschäft, vornehmlich für den Energiesektor, verantwortlich. Zuvor war Guido Dust bereits einige Jahre im Bereich Sales und Key Account Management tätig und dort hauptsächlich für die Themen Business Development und Neukundengewinnung zuständig. Herr Dust studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität zu Köln.

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Den gelernten Versicherungskaufmann Björn Stressenreuter begeistern digitale Mehrwertmodelle basierend auf den Stärken von Industrieversicherungsmaklern.