HomeAllgemeinAuch ein Märchenkönig muss mal – auf Anlagen aus Schwaben

Auch ein Märchenkönig muss mal – auf Anlagen aus Schwaben

Als ein Wunder hat Dr. Alexander Wiesneth von der Bayerischen Schlösserverwaltung den Fund im Firmenarchiv der „Gas- & Wasserleitungs-Geschäft GmbH Stuttgart“ bezeichnet. Über 200 historische Installationspläne zu den Schlössern König Ludwigs II. sind dort aufgetaucht. Die Königsschlösser Ludwigs II. waren ihrer Zeit in vielerlei Hinsicht weit voraus, nicht von ungefähr faszinieren sie die Menschen bis heute. Besonders in Bezug auf die technische Ausstattung seiner Schlösser und Parks forderte der bayerische Monarch Höchstleistungen und scheute sich nicht davor, innovative Lösungen auch außerhalb seines Königreichs zu beauftragen. Und so kam es, dass das 1870 in Stuttgart gegründete „Gas- und Wasserleitungsgeschäft“ ab 1874 an allen Königsschlössern und Parks König Ludwigs II. plante und baute – bis in intimste Bereiche hinein…

Was da im Firmenarchiv der heutigen „Gas- & Wasserleitungs-Geschäft GmbH Stuttgart“ aufgetaucht ist, begeistert Historiker: eine bedeutende Anzahl originaler Installationspläne, die der Bayerischen Schlösserverwaltung nun als Dauerleihgabe überlassen wurden. „Die Pläne geben einen faszinierenden Einblick in die Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts an den Königsschlössern, der in diesem Umfang und Detaillierungsgrad noch nicht bekannt war“, erklärt Dr. Alexander Wiesneth, der das Plankonvolut für die Bayerische Schlösserverwaltung in Empfang genommen hat und nun wissenschaftlich bearbeiten wird. 

Dr. Alexander Wiesneth (Bayerische Schlösserverwaltung, links) und Roman Stadelmaier (Gas- und Wasserleitungsgeschäft GmbH Stuttgart) bei der Übergabe des Plankonvoluts. (Foto: Bayerische Schlösserverwaltung/Florian Schröter)

Quellfassungen, Wasserleitungen oder technische Brunnenanlagen sind bis ins kleinste Detail und mit einer heute kaum mehr vorstellbaren Kunstfertigkeit in Bleistift und Tusche gezeichnet sowie aquarelliert dargestellt. Alle Bauteile für diese Anlagen wurden in Stuttgart gefertigt und über die Schiene nach Neuschwanstein, Linderhof oder Herrenchiemsee transportiert. Heute sind viele dieser Installationen verloren, weshalb dieser Planbestand für die Königsschlösser Ludwigs II. als wertvolles Dokument zu bewerten ist. .

Des Königs Klo

Im Jahr 1870 entstand aus der Gasanstalt Stuttgart das Gas- und Wasserleitungsgeschäft Stuttgart (GWS) – gegründet von Wilhelm Böhm und Otto Kreuser. Sie haben nicht nur binnen kürzester Zeit ein flächendeckendes Strom- und Wasserversorgungsnetz erschaffen. Von 1874 an durften die Stuttgarter auch für den sogenannten „Märchenkönig“ tätig werden. In den Folgejahren galt es, in den verschiedensten königlich-bayrischen Schlössern Installationsarbeiten durchzuführen sowie Wasseranlagen und Wasserspiele vorzunehmen. So baute GWS unter anderem die königliche Toilette auf Schloss Neuschwanstein (als innovative Sonderanfertigung „waterclosets“ genannt), die Warmwasserheizung für den See in der Venusgrotte, die Druckleitung für die große Fontäne im Schlosspark Linderhof und nicht zuletzt auch die aufwendigen Wasserspiele des Neuen Schlosses Herrenchiemsee. 

Die Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung beginnt nun mit einer fundierten Restaurierung, Inventarisierung und Erforschung der über 200 Zeichnungen, um den bedeutenden Planbestand wissenschaftlich aufarbeiten und ihn dauerhaft erhalten zu können. Und die Stuttgarter? Die können längst weitaus mehr als „Waterclosets“: 1.800 Wartungsverträge im privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereich arbeiten sie jährlich ab, sind für etliche kommunale Betriebe und renommierte Unternehmen von Bosch bis Züblin tätig – stolz auf diesen historischen Auftrag sind sie aber noch immer….


Quelle: Pressemitteilung der der Bayerischen Schlösserverwaltung, Website „Gas- & Wasserleitungs-Geschäft GmbH Stuttgart“
Titelfoto: Brunnen am Schloss Herrenchiemsee, Copyright: Chiemgau Tourismus e.V.