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Emissionsfrei Bus fahren – mit grünem Wasserstoff

Grüner Wasserstoff: Das ist die Hauptzutat, mit dem das Berliner Start-up ELO Mobility die emissionsfreie Mobilität in deutschen Innenstädten sowie in ländlichen Gebieten verwirklichen möchte. Zum Einsatz kommen soll der aus erneuerbaren Energien gewonnene Treibstoff H2 vor allem in städtischen Elektrobussen, bei denen der elektrische Antrieb durch eine intelligente Kombination aus Brennstoffzelle und Batterie mit Energie versorgt wird. Go4City nennt sich das Projekt. Dabei arbeiten die Berliner mit dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI zusammen.

Umweltschonende und nachhaltige Alternative zu Diesel

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI entwickelt das 2018 gegründete Unternehmen derzeit zwei Prototypen einer neuen Generation von Stadtlinienbussen mit Wasserstoffantrieb. Seit Dezember 2020 wird das Projekt „Go4City“ vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur gefördert. „Damit bieten wir den potenziellen Betreibern nicht nur eine umweltschonende und nachhaltige Alternative zu Diesel betriebenen Fahrzeugen“, erklärt Geschäftsführer Dr. Henning Heppner, „sondern auch eine Lösung, die sich sehr schnell auch ökonomisch rentiert.“

Die beiden in der Entwicklung befindlichen Demofahrzeuge – ein 12-Meter- sowie ein 18-Meter-Gelenkbus – sollen zeigen, dass sie dank des modularen Ansatzes von ELO Mobility große Effizienzvorteile und damit auch eine wesentliche Betriebskostenersparnis ermöglichen. „Es macht natürlich einen großen Unterschied, ob Sie während einer Fahrt 20 Mal oder 200 Mal stoppen und wieder anfahren und auch, ob Sie etwa in Tübingen ständig Berg rauf und Berg runter fahren oder im Flachland immer nur gerade aus unterwegs sind“, führt Heppner aus. 

Bis zu 20 Prozent weniger Wasserstoffverbrauch  

Aus diesem Grund müssen die Batterie- und Brennstoffzellenauslegung auf die verschiedenen flotten- und streckenabhängigen Use Cases optimiert und die Fahrstrategie angepasst werden. Dafür sollen die eingesetzten Sensoren und Aktuatoren sowie ein intelligentes Energiemanagement-System sorgen, bei dem auch die in der Brennstoffzelle erzeugte Wärmeenergie nicht ungenutzt bleiben darf. Im Rahmen eines intelligenten Thermalmanagements kann diese Wärme sowohl den Innenraum des Busses heizen als auch die Batterie anwärmen. Heppner: „Auf diese Weise kann der Wasserstoffverbrauch um bis zu 20 Prozent verringert werden, was folglich die Reichweite der eingesetzten Brennstoffzelle relevant erhöht.“

Die wesentlichen Energie- und Antriebskomponenten wiederum könnten kleiner und leichter konzipiert werden, entgegen dem aktuellen Trend zu immer größeren und schwereren Batterien und Brennstoffzellen. Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung der wiederaufbereitbaren ELO-Brennstoffzelle ist das niederländische Technologie-Unternehmen HyMove B.V., das bereits seit fünf Jahren H2-Linienbusse durch die Städte unseres Nachbarlandes fahren lässt. Auch in Deutschland sind schon knapp 100 städtische Busse mit Wasserstoffantrieb unterwegs.

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Abbildung eines ELO Mobility Wasserstoff-Busses des Go4City Projekts. (Foto: ELO Mobility 2021, elomobility.com)

Kostenparität mit Dieselmotoren bereits heute erreicht 

ELO Mobility-Gründer Heppner ist überzeugt, dass die Kostenparität mit Dieselmotoren bereits heute erreicht und der Einsatz von Wasserstoffantrieben schon wettbewerbsfähig ist. Damit widerspricht Heppner der in Fachkreisen häufig vertretenen Überzeugung, dass es damit erst 2030, frühestens 2025 so weit sei.

Nüchtern betrachtet gibt es weder ökologisch noch wirtschaftlich einen Grund, um jetzt nicht auf den umweltfreundlichsten aller Antriebe umzusteigen.“

Dr. Henning Heppner

Derzeit ist das Berliner Start-up mit mehreren Betreibern in Deutschland sowie im europäischen und außereuropäischen Ausland im Gespräch, die den ELO-Bus testen wollen, der 2022 Serienreife erlangt haben soll. „Über weitere Interessenten aus den Reihen der Stadtwerke, die vom Förderprojekt profitieren und einen Testeinsatz mit uns organisieren möchten, freuen wir uns natürlich“, so Heppner. Zwar sei die Anschaffung eines Wasserstoff betriebenen Busses teurer als die eines Dieselfahrzeuges. Doch durch die aktuelle Bundesförderung, die auch beim „Go4City“-Projekt greift, würden diese Differenzkosten mit bis zu 80 Prozent gedeckt sein. „Natürlich ist mir die Zwickmühle bewusst, in der sich viele Stadtwerke befinden, die eben erst auf Elektro-Busse umgerüstet haben. Aber nüchtern betrachtet gibt es weder ökologisch noch wirtschaftlich einen Grund, um jetzt nicht auf den umweltfreundlichsten aller Antriebe umzusteigen.“

Gewinne erzielen mit grüner H2-Mobilität

Eine Voraussetzung, damit die Zero-Emission-Strategie aufgehen kann, muss allerdings erfüllt werden: Der verwendete Wasserstoff muss grün, also aus erneuerbaren Energien gewonnen sein. „Uns freut es, dass unsere Interessenten im In- und Ausland das verstanden haben und auch anstreben“, sagt Heppner. Ein Land, in dem die Voraussetzungen für den Einsatz grüner Wasserstoff-Flotten schon sehr gut seien, sei Spanien. „Hier wird grüner Wasserstoff bereits flächendeckend produziert.“

Doch auch die deutschen Stadtwerke seien in ihrer Funktion als Energieversorger prädestiniert für die blitzsaubere H2-Mobilität. „Wenn ein Stadtwerk selbst grünen Wasserstoff erzeugt, kann es nicht nur völlig autark einen klimaneutralen Personennahverkehr garantieren, sondern durch die Einspeisung von Überschüssen ins Gasnetz auch noch Gewinne erzielen.“ Das sei keine Zukunftsvision, sondern heute schon umsetzbar.

Heppner rechnet vor: „Die Benchmark für Wasserstoff im Mobility-Sektor ist gar nicht so hoch, sie liegt bei circa sechs Euro pro Kilogramm Wasserstoff, wenn man den aktuellen Dieselpreis gegenrechnet.“ Mit Hilfe eines eigens entwickelten Simulationstools habe man festgestellt, dass es schon heute realistisch ist, auf Basis einer dezentralen Elektrolyseanlage – etwa mit Offgrid Wind- oder Solarstrom – Wasserstoff für sechs Euro das Kilo zu produzieren, sobald die Gesamtmenge bei 200 Tonnen im Jahr liege. „Damit fahren 20 Busse ein Jahr lang.“

Über ELO Mobility

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Dr. Henning Heppner, Gründer und Geschäftsführer ELO Mobility. (Foto: ELO Mobility 2021, elomobility.com)

ELO Mobility ist das neueste Start-up des Seriengründers Henning Heppner, der 2011 „Ebee Smart Technologies“ gegründet hatte und mit ELO nun wieder von der Infrastruktur- auf die Fahrzeugseite zurückgekehrt ist. Vorher war Heppner mehr als zwei Jahrzehnte bei SiemensVDO / Continental Automotive, dort zuletzt im Senior Management, tätig. Derzeit arbeiten 20 Business Developer, Vertriebler, Konstrukteure, Funktions- und Software-Architekten sowie Brennstoffzellen-Experten im Headquarter in Berlin sowie in Niedersachsen. ELO Mobility ist auf Wachstumskurs und plant, in den kommenden Monaten seine Mitarbeiterzahl zu verdoppeln.

Das Unternehmen versteht sich nicht als klassischer Fahrzeughersteller, sondern als Technologie-Plattform-Anbieter, der im Rahmen des bei Nutzfahrzeugen üblichen Chassis Business die Basis für den fertigen ELO-Bus liefert. Konkret heißt das, dass ELO Mobility kooperierende Hersteller vor Ort mit dem Antrieb, der Speichertechnologie und der Elektronik beliefert, und diese dann wie in einem Baukastensystem den Bus bauen. Bei der geeigneten Lokalisierung der Produktion unterstützt ELO Mobility seine Kunden sowie auch in technologischen und in lizenzrechtlichen Fragen.


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