Wärmespeichertypen und -technologien
In der Nah- und Fernwärmeversorgung kommen in erster Linie sensible Wärmespeicher mit Speichermedium Wasser zum Einsatz. Die Technologien unterscheiden sich in den maximalen speicherbaren Temperaturen und den daraus folgenden spezifischen Kosten für den Behälter und die Anlagentechnik (Abbildung 2). Welche Technologie eingesetzt wird, muss durch Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für jeden Einzelfall bewertet werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, ob der Speicher an einen Erzeugerstandort oder im Fernwärmenetz angeschlossen, und bei welchen Temperaturen er betrieben wird. Die Kombination des Speichers mit einem Erzeuger bietet meist den Vorteil, dass der Speichervorlauf im Erzeuger auf Netztemperatur nachgeheizt werden kann (Bild 3).
In Deutschland werden wegen der oft hohen Netztemperaturen und des begrenzten Platzes hauptsächlich atmosphärische Speicher oder Druckspeicher gebaut. Atmosphärische Speicher können in ihrer Höhe frei ausgelegt werden, sodass sie weitere nützliche Funktionen für die Netzhydraulik übernehmen können:
- Nutzung des statischen Drucks für die Druckhaltung
- Aufnahme des Expansions- und Kontraktionsvolumens des Fernwärmenetzes
- Bevorratung von Fernheizwasser.
Einsatzmöglichkeiten für Wärmespeicher
Wärmespeicher ermöglichen die Flexibilisierung von KWK- Anlagen durch die zeitliche Entkopplung der Wärme- von der Stromabgabe. Speicher erlauben es, den steigenden Anforderungen des Strommarkts gerecht zu werden bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung. Neben den betriebstechnischen Vorteilen wie Druckhaltung und Unterstützung der Netzhydraulik sind verschiedene Einsatzweisen möglich:
1. Einsatz als Spitzenerzeuger
Wärmespeicher können Lastspitzen glätten indem der Speicher am Vortag und in der Nebenzeit nachts geladen wird. Der Leistungsbeitrag hängt dabei von der Temperaturspreizung und der Speichertechnologie ab. Der monetäre Vorteil ergibt sich aus der Vermeidung teurer Spitzenlasterzeugung und der damit verbundenen Netzentgelte, sowie aus vermiedenen Investitionen in sonstige Spitzenerzeuger.
2. Optimierung der Stromproduktion
Hier wird zwischen zwei Betriebsweisen unterschieden:
Beim Zusammenwirken mit Entnahmekondensationsanlagen wird der Wärmespeicher eingesetzt, um in Zeiten hoher Strompreise eine Verringerung der Dampfentnahme der Turbine zu erreichen und somit die Stromerzeugung zu erhöhen. Die fehlende Wärmemenge wird in Zeiten niedrigerer Marktpreise vorproduziert und eingespeichert.
Bei Erzeugungsanlagen nach dem Gegendruckprinzip wird der Speicher umgekehrt disponiert. Die Ladezyklen finden während hoher Strommarktpreise statt, um die volle Erzeugung nutzen zu können. In Nebenzeiten wird der Speicher entladen und die Stromerzeugung heruntergefahren oder abgeschaltet.
3. Abschaltung der KWK-Anlage
Dieser zunehmend wichtiger werdende Betriebsfall tritt in Fällen moderaten Wärmebedarfs und niedrigen bis negativen Strompreisen unterhalb der Gestehungskosten auf. Bei gefülltem Speicher kann die KWK-Anlage solange abgeschaltet werden, bis der Speicher vollständig entladen ist.
Die genannten Betriebsweisen schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich: Der Einsatz als Spitzenerzeuger spielt nur in der Winterspitze eine Rolle, während die Strommarktoptimierung dann wegen der meist voll ausgelasteten KWK-Anlage keine Rolle spielt. Die Marktoptimierung wiederum ist vor allem in den Übergangsjahreszeiten mit mittlerem Wärmebedarf bei meist noch vorhandenen Leistungsreserven der Erzeugeranlagen relevant, die Abschaltoptimierung eher in den nachfrageschwachen Sommermonaten.
4. Speicherbetrieb mit Power-to-Heat
Beim Zusammenwirken eines Wärmespeichers mit Power-to-Heat-Anlagen kommt als weiterer Betriebsmodus die Speicherung der Elektrowärme hinzu. Durch Nutzung kostengünstigen Stroms kann mit Elektrokesseln Wärme über den Netzbedarf hinaus produziert und gespeichert werden. Dies ermöglicht eine Teilnahme am Regelenergiemarkt oder die Nutzung von Überschussstrom. Abweichungen der Wärmeprognose ausregeln. Grundsätzlich können Wärmespeicher auch genutzt werden, um Abweichungen der Wärmeprognose – zum Beispiel des Vortags – auszuregeln.
Beispielrechnung
Ein Einsatzbeispiel für ein modellhaftes Fernwärmenetz mit 500 GWh Jahreslast bei 170 MW Höchstlast ist in Tabelle 1 und Abbildung 3 dargestellt. Als Erzeuger werden eine KWK-Anlage mit insgesamt rund 80 MWth und etwa gleicher elektrische Leistung sowie eine Spitzenwärmeerzeugung aus Erdgasheizwerken angesetzt. Die Strompreise entsprechen in der stündlichen Ausprägung dem Spotmarkt-Preisverlauf des Jahres 2016.
Der Speicher- und Anlageneinsatzeinsatz werden durch Simulationsrechnungen optimiert. Der Effekt des Wärmespeichers ist durch die Änderungen der Anlagenauslastung sichtbar. Der KWK-Anteil der Wärme erhöht sich leicht, bei gleichzeitig reduzierter Erdgasbezugsspitze. Zusammen mit der zeitlichen Verschiebung der Erzeugung in höherpreisige Morgen- und Abendstunden ergibt sich ein Vorteil von rund 920000 EUR/a bei gleichzeitig steigendem KWK-Anteil (Tabelle1).
Die Visualisierung des Kraftwerkseinsatzes für einen Sommermonat zeigt den Effekt des Speichers durch Verschiebung der Erzeugung in Zeiten höherer Strompreise (Abbildung 3). Damit verbessert der Wärmespeicher auch die Wertigkeit des erzeugten Stroms und es wird eine Doppeleinspeisung von KWK-Strom und Solarstrom vermieden.
Allerdings führt diese digitale Betriebsweise auch zu deutlich mehr Startvorgängen und steileren Lastgradienten. Der in diesem Beispiel betrachtete Zweizonenspeicher mit 15 000 m³ Nutzvolumen kann über 10 Stunden 70 MW ausspeisen und somit die komplette Morgenspitze des Fernwärmenetzes abdecken. Im Sommer kann die Fernwärmegrundlast von rund 15 MW über ein ganzes Wochenende ohne weitere Erzeugung abgedeckt werden.